Ehlershausen - Ramlingen - Otze

2021 | Ausgabe 4 - 2021 | September, Oktober, November
20.09.2021 | 5,3 MiB
Freiheit
Ich glaube an die Aufklärung. Ich glaube an die Freiheit. An die Freiheit der Gedanken. An die Freiheit des Wortes. An die Freiheit des Glaubens.
Doch wir alle erleben es in dieser Zeit: die Freiheit erleidet Rückschläge. Sie ist in Gefahr. Corona-Leugner und Impfgegner. Demokratiefeinde auf den Stufen des Reichtags in Berlin und als wütender Mob im Capitol in Washington, DC. Freiheit ist bedroht. Freiheit ist nicht selbstverständlich.
Ich habe immer in Freiheit gelebt. Musste nie Angst haben, meine Meinung zu sagen. Meinen Glauben in aller Freiheit und Offenheit zu leben: Offen. Kritisch. Zweifel zulassend. Ohne Zwang. Mit Liebe. Zu mir selbst. Zu denen um mich herum.
Meine Freiheit darf nicht die Freiheit der Anderen beschneiden. Und das erlebe ich im Moment immer öfter als ein Problem. Wie weit darf ich gehen? Wo darf ich meine Nächste nicht aus dem Blick verlieren? Diese und andere Fragen stelle ich mir. Sie sich vielleicht auch?
Was wird aus den Kindern, jetzt, nach den Sommerferien? Wie wird sich unser Miteinander weiter gestalten? In der Gemeinde? In unseren Orten? Wann fallen wir uns wieder in die Arme, voll Erleichterung?
Christus hat uns befreit, damit wir endgültig frei sind. (Galater 5,1a)
Gott will die Freiheit des Menschen. Gott geht für uns in Gefangenschaft. Er lässt sich in Jesus Christus gefangen nehmen. Er hält unsere Unfreiheiten aus: Unsere Wut. Unsere Angst. Unsere Sinnlosigkeit. Unseren Tod. Nimmt Gott auf sich. Damit wir frei werden.
Jesus spricht:
„Nur wenn ihr an meinem Wort festhaltet, könnt ihr wirklich meine Jünger sein. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen.“
Gott nimmt den Tod auf sich. So groß ist seine Liebe. So wertvoll ist unsere Freiheit.
Lasst sie uns in Liebe und Verantwortung gemeinsam leben.
Ihre Pastorin
Dorothea Wöller

2021 | Ausgabe 3 - 2021 | Juni, Juli, August
31.05.2021 | 6,7 MiB
Träume
Träumen tun wir alle. Zu allen Zeiten. Auch Jakob. So schwer wie ein dicker Stein, so stelle ich mir vor, ist der Stein, der auf Jakobs Herzen liegt.
Jakob ist unterwegs. Er muss weg, fort von Zuhause. Denn dort hat er riesigen Mist gebaut. Er hat seinen Vater belogen und seinen Bruder betrogen. Hat sich den Segen und das Erbe erschlichen. Und nun ist sein Bruder, der auf den Segen und das Erbe als Älterer Anrecht hatte, natürlich stinksauer. Er ist so wütend auf Jakob, dass diesem nichts als die Flucht bleibt. Er muss weg. Schnell!
Seine Mutter hat ihm noch etwas zu Essen eingepackt und ihm gesagt, dass er zu seinem Onkel gehen soll. Solange, bis der Zorn des Bruders verraucht ist. Aber – wann wird das sein?
Und so ist Jakob unterwegs. Weiß nicht, was auf ihn zukommt. Wie werden seine Verwandten ihn aufnehmen? Wird es gut mit ihm weitergehen? Hat er überhaupt eine Zukunft? Und wenn ja, wie sieht sie aus?
Jakob ist traurig. Ängstlich. Müde. Es wird Nacht. Mitten in der Wüste. Er legt sich hin. Nimmt einen Stein. Legt ihn unter seinen Kopf. Und irgendwann fallen ihm die Augen zu. Jakob schläft ein.
Da träumt er: Der Himmel öffnet sich und Engel kommen - wie auf einer Leiter – zu ihm herab. Mitten im Traum spürt Jakob: Die Engel bringen ihm Kraft von Gott mit. Er fühlt sich nicht mehr so allein. Die Engel steigen die Leiter wieder hinauf. Und Jakob spürt: Sie nehmen mit, was ihm auf dem Herzen liegt. Seine Ängste und Fragen, aber auch seine Schuld und seine traurigen Gedanken.
Und dann hört er aus dem Himmel eine Stimme – Gottes Stimme: „Ich bin dein Gott. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. Siehe, ich bin bei dir und behüte dich überall, wohin du auch gehst. Ich werde dich nicht verlassen, und alles tun, was ich dir zugesagt habe.“
Nach diesem Traum wacht Jakob auf. Er fühlt sich viel leichter. Befreit. Der Stein auf seinem Herzen ist verschwunden. So, als hätten die Engel die schwere Last mit zu Gott genommen. Jakob steht auf. Er nimmt den Stein, auf dem er geschlafen hat. Er stellt ihn auf und sagt: „Das ist mein Erinnerungsstein dafür, dass Gott an diesem Ort ist.“ Und dann macht er sich auf den Weg. Gestärkt und getröstet. Er vertraut darauf: Gott ist bei mir. Er geht meinen Weg mit.
Gott geht mit. Jakob – und viele andere – haben diese Erfahrung gemacht. Gott lässt dich nicht allein. Er ist da. Mit dir unterwegs. Alles Schwere und alles Leichte haben bei ihm seinen Platz.
Gute Träume wünscht Ihnen Ihre
Anja Schawohl

2021 | Ausgabe 2 - 2021 | März, April, Mai
18.03.2021 | 3,1 MiB
Alles neu! Alles neu?
In diesem Jahr ist unglaublich Vieles ganz neu und Vieles altbekannt – bei Manchem muss ich „leider“ sagen. Zwischen diesen beiden Polen schwingen wir alle. Die Hoffnung noch Ende letzten Jahres: jetzt geht es los! Die neue Stelle, die neue Pastorin, die Aussicht auf das neue Jahr, das doch besser werden sollte als das alte. Alle steckten in den Startlöchern. Und dann wurde die Handbremse gezogen. Doch dass der Stillstand so lange andauern würde – damit haben wir alle wohl kaum gerechnet. Und dieser Zustand, der lässt uns alle dünnhäutiger werden. Treibt Sorgen und Ängste in den Vordergrund. Und manch eine*n auch ungeduldig mit sich selbst und anderen werden – manchmal auch aggressiv und verständnislos.
Neu bin ich hier bei Ihnen in der Martin-Luther Gemeinde. Habe zu Danken für den herzlichen Empfang bei meiner Einführung und die lieben Karten, Grüße und Bilder, die mich erreichten. Und dieser Stillstand gerade – der führt uns allen noch mal deutlich vor Augen, was jedem und jeder am meisten im Gemeindeleben fehlt. Schreiben Sie es doch mal auf, merken Sie sich was es ist, und erzählen Sie mir davon. So bekomme ich auf eine etwas andere Art und Weise einen Eindruck von dem bunten Leben in der Gemeinde. Und ganz nebenbei ist es eine Gelegenheit, sich kennenzulernen. Lesen Sie gern mal auf Seite 4, wie das gehen könnte. Die Weihnachtsgottesdienste haben mir einen Eindruck vermittelt, was hier alles möglich ist und wieviele Menschen sich engagieren und zusammen etwas Wunderbares auf die Beine stellen.
Unsere Passionszeit dauert mittlerweile länger als die üblichen 7 Wochen. Seit den wunderbaren Weihnachtsgottesdiensten gab es wenig Gelegenheiten zusammenzukommen. Sei es in den Gottesdiensten, sei es in den Gruppen und Kreisen. Das Osterfest steht vor der Tür – wie wir es wohl in diesem Jahr feiern werden? Altbekannt wie im letzten Jahr? Altbekannt wie in den Jahren davor? Oder irgendetwas dazwischen?
Was mir Hoffnung gibt in aller Unsicherheit ist die Aussicht auf das Osterfest! Die Aussicht, dass Gott nicht nur Jesus auferweckt hat, sondern uns alle durch ihn. Egal was kommt, wir gehören zu ihm und sind durch ihn schon jetzt ganz neu: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2. Kor 5,17) Das lässt mich befreit leben. Leben und Hoffen. Auch und besonders in diesem Jahr, das uns allen so viel abverlangt. Lasst uns als Gottes neue Menschen verständnisvoll und barmherzig miteinander umgehen und hoffen auf bessere Zeiten, in denen wir uns begegnen können als Gemeinde, als Gottes Menschen, die seine Liebe und Vergebung zusammen leben.
Ihre und Eure
Dorothea Wöller

2020 | Ausgabe 2 - 2020 | Februar, März, April
08.02.2021 | 3,9 MiB
Angedacht
Aufbruch!
„Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ (Mk 9,24)
Das ist die Jahreslosung für 2020. Da wagt jemand etwas. Ein Vater, der keinen Ausweg mehr für sein krankes Kind weiß. Der alles versucht hat. Der nahe daran war, aufzugeben, das Liebste, was er hat, aufzugeben. Der sich dann aber auf den Weg macht. Zu den Menschen, die Jesus begleiten. Zu Jesus selbst. Ein Vater, der aufbricht, um seinen Sohn zu retten. Er zweifelt. Wird das gelingen? Die Jünger haben es nicht geschafft. Wird Jesus es schaffen? Der sagt: „Alles ist möglich, dem der da glaubt!“ Große Worte, ausgelegt wie eine Brücke, ausgestreckt wie ein Hand. Jesus fordert ihn auf, den Aufbruch zu wagen, sich darauf zu trauen. Und der Vater wagt es. In all seinen Zweifeln. Mit all seinen Fragen. Und mit all seiner Hoffnung: „Ich glaube. Hilf meinem Unglauben!“
„Alles ist möglich dem, der da glaubt!“ – „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ Dazwischen bewegen wir uns auf unserem Weg mit Gott. Dass alles möglich wird – Leben in Frieden und Gerechtigkeit im Großen und im Kleinen, die Liebe, die mich findet, das Glück, nach dem ich mich sehne, die Kraft, Traurigkeit zu tragen und mit Enttäuschungen zu leben – das wäre wunderbar. Dass alles möglich werden könnte – das versprechen uns doch auch andere: die Werbung, wenn wir nur das richtige essen oder anhaben, unsere Vorgesetzten, wenn wir nur unsere Arbeit richtig machen und all die anderen Stimmen.
In diesen Chor stimmt Jesus nicht mit ein. Er macht Mut, mit den Brüchen zu leben. „Alles ist möglich dem, der da glaubt!“ die Brücke über den Abgrund der Fragen und Zweifel. Und wie der Vater können wir dann losgehen, vertrauen. „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“
Das können wir gemeinsam 2020 probieren – ich freue mich drauf!
Gottes Segen für das neue Jahr!
Ihre
Susanne Paul