Bleiben Sie närrisch!
Glaubenssache

In diesen Tagen erreicht das „närrische Treiben“ seinen Höhepunkt. Nicht nur im Rheinland, auch in Norddeutschland wird Fasching und Karneval gefeiert. Wer meint, dass ein Narr nur ein Clown oder Spaßmacher ist, irrt allerdings gewaltig!
Denn Narren übernehmen eine wichtige Funktion: Sie halten der Gesellschaft den Spiegel vor ! Im Mittelalter waren Hofnarren die einzigen, die Herrschaftskritik üben durften, ohne eine Strafe befürchten zu müssen. Sie taten das oft humorvoll, manchmal zynisch, aber meistens unverblümt. So kennen wir es auch von den Wagenbauern und Büttenrednern unserer Tage. Sie greifen aktuelle Themen und Entwicklungen auf und stellen bisweilen unerwartete Bezüge her, die zum Nachdenken anregen. Ein echter Narr muss also nicht nur unterhaltend sein, sondern sich auch mit der Gesellschaft im Allgemeinen auseinandersetzen. Aus seiner scheinbar schwachen und belächelten Position heraus, braucht der Narr gegenüber den Starken und Mächtigen kein Blatt vor den Mund nehmen.
Das ist im Grunde eine ernste Sache. Es kann sich sogar regulierend oder korrigierend auf Fehlentwicklungen in Welt und Gesellschaft auswirken. Denn obwohl er sich selbst im Narrenkostüm präsentiert, ist es doch gerade die Funktion des Narren, anderen ihre Narrheiten aufzuzeigen.
Auch der Apostel Paulus kennt das. Christinnen und Christen hat er ins Stammbuch geschrieben: „Wir sind Narren um Christi willen, schwach und verachtet. Schmäht man uns, so segnen wir; verfolgt man uns, so dulden wir’s; werden wir verlästert, so reden wir freundlich“ (1. Korinther-Brief, Kapitel 4, Verse 10ff.). Schon diese Aufzählung macht deutlich, dass „Narren um Christi willen“ mancher Entwicklung in Welt und Gesellschaft, in Nachbarschaft und Familie eine andere Richtung geben könnten. In diesem Sinne: „Bleiben Sie närrisch!“
Steffen Lahmann
Pastor der St.-Petri-Kirchengemeinde Hänigsen-Obershagen
„Glaubenssache - Beiträge und Texte aus Kirche und Religion“
Die Kolumne erscheint jeweils sonnabends im Marktspiegel für Burgdorf und Uetze, sowie im Marktspiegel für Lehrte und Sehnde. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Kirchen schreiben Beiträge aus ihren Kirchengemeinden, Einrichtungen und Arbeitsfeldern, von ihren Erfahrungen und zu dem, was sie gerade beschäftigt.