Die Frau mit dem Nardenöl

Glaubenssache

Pastorin Christine Behler. Foto: Stefan Heinze
Pastorin Christine Behler. Foto: Stefan Heinze

Die Narde ist eine Heilpflanze mit einer tiefen Wurzel. Aus ihr wird kostbares Öl gewonnen. Heute noch wächst sie vor allem im Himalaya in 5000 Metern Höhe. Ein pflegendes Öl für die Haut, der Duft wurde schon in der Antike als Aromastoff gehandelt. Nardenöl beruhigt die Seele, kann Spannungen lösen.

Im Markus-Evangelium im Neuen Testament wird einer Frau mit Nardenöl im Gepäck eine ganze Geschichte gewidmet. Bei den Vorbereitungen zum Passahfest, das alljährlich in Jerusalem feierlich begangen wurde, ist Jesus zu Besuch im kleinen Dorf Betanien, eine Stunde zu Fuß von Jerusalem entfernt. Durch die Straßen der Stadt werden beim Einzug Jesu lange Schatten und Jubel mit hindurchziehen.

Im Hause Simons breitet sich eine besondere Ruhe aus. Die Frau mit dem Alabastergefäß in der Hand wirkt, als hätte sie diese Begegnung achtsam und vorausschauend in die Wege geleitet. Während draußen Menschen aufgeregt durch die Straßen ziehen, wirkt hier im Raum alles bedächtig. Diese Frau ohne Namen neigt sich zu Jesus hin, zerbricht das Gefäß und gießt das teure und edle Öl über Jesus. Sie salbt ihn wie einen König. Sie bereitet ihn auf die Tiefen vor, in die Jesus gestoßen wird.

Das Fläschchen Öl war so viel wert wie das Jahresgehalt eines damaligen Arbeiters. Rechner und Skeptiker waren sofort laut dabei. Was für eine Verschwendung! Keiner denkt an die, die kaum genug zum Leben haben. Was bildet sie sich eigentlich ein, so nah an Jesus ranzugehen! Sie stört doch nur!

Die Frau mit dem Nardenöl liebt und verehrt Jesus, sie verschenkt und fragt nicht, was es kostet. Sie erkennt das Gebot der Stunde und gibt sich dem Augenblick hin.

Mir ist sie ein Leitstern, weil sie im Moment lebt und gibt. Ein Lob auf all jene, die in belastenden Zeiten sich verschenken für Augenblicke, einen Tag und eine Nacht oder in einer kleinen, fast unmerklichen Geste, weil genau diese jetzt etwas lindern kann.

Christine Behler
Pastorin zur Mitarbeit im Kirchenkreis Burgdorf



„Glaubenssache - Beiträge und Texte aus Kirche und Religion“

Die Kolumne erscheint jeweils samstags im Marktspiegel für Burgdorf und Uetze, sowie im Marktspiegel für Lehrte und Sehnde. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Kirchen und Religionsgemeinschaften schreiben Beiträge aus ihren Einrichtungen und Arbeitsfeldern, von ihren Erfahrungen und zu dem, was sie zeitaktuell gerade beschäftigt.

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