Fahre dorthin hinaus, wo es tief ist!
Glaubenssache

„Fahre dorthin hinaus, wo es tief ist!“ (Lukas-Evangelium 5,4). Eine eigenartige Aufforderung zum Ferienbeginn. Jesus sagt diesen Satz auch nicht zu Urlaubern. Er sagt ihn zu den Fischern am See Genezareth. Hinauszufahren auf den See und die Netze auszuwerfen, das rät Jesus dem Petrus. Nach einer Nacht, in der die Netze leer blieben. Auf den ersten Blick reichlich frustrierend.
Jesus sagt ihm: „Fahre dorthin hinaus, wo es tief ist!“
Das ist die Aufforderung, auf ein Wort hin etwas zu wagen. Nicht am Rande zu verharren. Sondern mutig ins Leben hinauszuziehen. Zum Kern einer Sache vorzudringen. Und noch viel mehr: Es geht um ein Vordringen zu sich selbst und zum Urgrund allen Seins. Denn schon im Schöpfungsbericht heißt es: „Die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser“ (1. Mose 1,2).
Petrus wagt es. Er fährt los. Auf die Mitte des Sees. Auf das Wasser. Dorthin, wo es tief ist. Es ist ein Perspektivwechsel. Sein Heimatort ist in weite Ferne gerückt. Petrus hat Abstand gewonnen. Auch zu den Sorgen und Probleme, die ihn beschäftigen. Und zu dem, was ihm in seinem Leben wüst und leer vorkommt. Auf dem See ist er mit sich und seinen Gedanken allein. Und auch mit Gott.
„Fahre dorthin hinaus, wo es tief ist!“
Ist das vielleicht doch eine geeignete Aufforderung zum Ferienbeginn? Eine Aufforderung an uns, hinauszuziehen. Abstand zu gewinnen zu Sorgen und Problemen. Die Perspektive zu wechseln. Und vorzudringen zu uns selbst. Oder gar zu Gott?
„Fahre dorthin hinaus, wo es tief ist!“
Petrus wagt es. Und er kommt verändert zurück. Mit vollen Netzen. Mit innerer Gewissheit. Mit neuen Prioritäten. Und einem anderen Blick auf das, was sein Leben manchmal wüst und leer erscheinen lässt. Diese Erfahrung wünsche ich Euch auch und dazu schöne Ferien!
Steffen Lahmann
Pastor der St.-Petri-Kirchengemeinde Hänigsen-Obershagen
„Glaubenssache - Beiträge und Texte aus Kirche und Religion“
Die Kolumne erscheint jeweils sonnabends im Marktspiegel für Burgdorf und Uetze, sowie im Marktspiegel für Lehrte und Sehnde. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Kirchen schreiben Beiträge aus ihren Kirchengemeinden, Einrichtungen und Arbeitsfeldern, von ihren Erfahrungen und zu dem, was sie gerade beschäftigt.